Zum 25. jährigen Jubiläum bietet das Theaterfestival SPIELART wieder ein umfangreiches Programm mit Performances, Choreografien, Videos, Lectures bis zum Bandkonzert mit Puppenspiel, einer Gesprächsreihe und natürlich das täglich geöffnete Festivalzentrum um sich auszutauschen und zu feiern. Zahlreiche Künstler*innen der diesjährigen SPIELART-Ausgabe leiten strukturelle Analysen aus persönlichen Erfahrungen ab, indem sie diese in politische Kontexte überführen. Die Künstler*innen erzählen von Krieg, Flucht und Migration, aber auch vom Willen und den Kämpfen, als Frau ohne äußere oder verinnerlichte Unterdrückung zu leben. Was viele der Arbeiten eint, ist ein Unwohlsein gegenüber den neoliberalen westlichen Strukturen, die zumindest den hiesigen Alltag und die Kunst zunehmend im Griff haben sowie ein Wissen um die Verwobenheit der Welt.
Mit dabei sind zahlreiche Künstler*innen aus portugiesischsprachigen Ländern, deren Veranstaltungen LUSOFONIA e.V. als Kooperationspartner präsentiert:
Nástio Mosquito (Luanda / Gent / Lissabon)
A SONG TO HEAR YOU ARRIVING Sofia Dinger (Lissabon)
SOLO FÜR MARIA Maria Tembe / Panaibra Gabriel Canda (Maputo)
THE FURIOS RODRIGO BATISTA (A-Side und B-Side) Rodrigo Batista (Sao Paulo / Amsterdam)
Luanda Casella (Sao Paulo / Gent)
Das komplette Programm, nähere Informationen & Tickets unter:
www.spielart.org
Der angolanische Schriftsteller José Eduardo Agualusa stellt seinen Roman Eine allgemeine Theorie des Vergessens (Verlag C.H. Beck, 2017) zusammen mit seinem Übersetzer Michael Kegler vor.
Am Vorabend der angolanischen Revolution ergreifen die ehemaligen Kolonisatoren panisch die Flucht. Ludovica, eine schüchterne Portugiesin, bleibt zurück. Sie traut sich nicht aus dem Haus, zieht zwischen Wohnungstür und Treppenhaus eine Mauer hoch und richtet sich, einem Robinson Crusoe ähnlich, in ihrer Insel ein: dem letzten Stock eines feinen Hochhauses in Luanda, das unter den unterschiedlichsten Akteuren des jahrzehntelangen Bürgerkrieges zu einer Behausung von Armen und Flüchtlingen mutieren wird. Von ganz oben, mit Blick auf den wachsenden Moloch Luanda, wird sie von den Umwälzungen nur wenig mitbekommen und dennoch ohne Absicht und durch eine Kette von Zufällen das Leben einiger Menschen beeinflussen. In ihrer Einsamkeit notiert Ludovica an den Wänden des Appartements ihr Leben, so wie der Roman die vielen Lebensgeschichten aufschreibt, um gegen die allgemeine Theorie des Vergessens die Erinnerungen eines Landes lebendig zu halten.
José Eduardo Agualusa gelingt es, mit Empathie für seine Protagonisten und heiterer Leichtigkeit, schwere Themen zu behandeln wie Krieg und Gewalt, Korruption und Gier, Angst und Hass.
José Eduardo Agualusa, 1960 in Huambo/Angola geboren, studierte Agrarwissenschaft und Forstwirtschaft in Lissabon. Seine Gedichte, Erzählungen und Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Eine allgemeine Theorie des Vergessens stand auf der Shortlist des Man Booker International Prize 2016. Agualusa lebt als Schriftsteller und Journalist zurzeit in Mosambik.
Michael Kegler erhielt 2014 den Straelener Übersetzerpreis und, gemeinsam mit dem von ihm übersetzten Luis Ruffato, 2016 den Hermann Hesse-Preis der Stadt Calw. Er übersetzte auch die drei zuletzt auf Deutsch erschienenen Romane von Agualusa.
Eine Veranstaltung der Münchner Stadtbibliothek in Kooperation mit LUSOFONIA e.V. und dem C.H. Beck Verlag
Aline Frazão ist eine der aufregendsten angolanischen Musiker:innen der neuen Generation. Das musikalische Universum der Singer-Songwriterin ist äußerst vielseitig: Ihr aktuelles Album Insular verbindet unter anderem eine entlegene schottische Insel mit einem portugiesischen Rocker, einem britischen Produzenten – und die Lieder und die Stimme von Aline Frazão, einer jungen Frau aus den Tropen. Die Künstlerin wollte alle Stereotypen angolanischer, brasilianischer oder jazziger Töne abschütteln – und sich selbst neu erfinden. Das ist der Sängerin, deren Stimme immer voller Emotion und Energie klingt, mit ihren sinnlichen Songpoesien mehr als gelungen. Mit Insular ist ein Album von melancholischer Schönheit entstanden, ein Werk voller Klangreichtum zwischen Jazz, Rock, Noise und akustischer Musik.
www.alinefrazao.com
Video „Insular“
Eine Veranstaltung des Muffatwerks mit freundlicher Unterstützung von LUSOFONIA e.V.
Angola entdecken! Eine Anthologie
Herausgegeben und übersetzt von Barbara Mesquita
(Arachne Verlag 2015)
Im deutschen Sprachraum ist nur wenig bekannt über Angola, das riesige Land im südlichen Afrika, dessen Hauptstadt Luanda zu den teuersten der Welt gehört und dem erklärten Ziel der Regierenden nach das Dubai des südlichen Afrikas werden soll. In Anbetracht der immensen Armut der übergroßen Mehrheit seiner Bewohner, die in Elendsvierteln wohnt und sich auf dem informellen Arbeitsmarkt durchschlagen muss, ist dieses Vorhaben nur einer der zahlreichen Widersprüche, mit denen die hiesigen Leser konfrontiert werden. Aber da die Angolaner und mit ihnen die angolanischen Schriftsteller ihrer anstrengenden, oft chaotischen Lebenswirklichkeit nicht nur mit großer Leidensfähigkeit, sondern auch mit viel Energie, Kreativität und Humor begegnen, dürfen Sie sich vor allem auf eine abwechslungsreiche Lektüre freuen. Die Auswahl an diesem Abend stellt Texte vor, die die verschiedenen Epochen der angolanischen Geschichte literarisch beleuchten und einen Eindruck von der stilistischen Vielfalt einer Literatur vermitteln, die zugleich engagiert, eigenwillig, lebendig und bei aller Schwere der Themen, die sie behandelt, oft sehr humorvoll ist.
Barbara Mesquita ist freie Literaturübersetzerin und Autorin sowie Fachübersetzerin und Konferenzdolmetscherin für Portugiesisch und Spanisch. Schwerpunktmäßig beschäftigt sie sich mit den portugiesischsprachigen Ländern, insbesondere mit den lusofonen Ländern in Afrika. Barbara Mesquita lebt in Hamburg.
Ondjaki: Die Durchsichtigen
Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler
(Verlag Das Wunderhorn 2015)
Ort dieses vielschichtigen Romans ist ein heruntergekommenes Hochhaus in Luanda. Hier leben viele Menschen, die mehr schlecht als recht ihren mühseligen Alltag bewältigen, ohne geregelte Arbeit, ohne Sicherheit, geplagt von Erinnerungen an Krieg und Vertreibung, ohne Hoffnung auf eine sorgenfreie Zukunft. Sie sind durchsichtig, unsichtbar, denn sie leben am Rande der (Konsum-)Gesellschaft, weitab von den großen Geschäften um das Erdöl, die Diamanten und Trinkwasser, dem Chaos einer reichen Megastadt ausgesetzt, der Willkür der Beamten, der Gleichgültigkeit des Staatsapparats und der eigenen Lethargie. Und doch funktioniert das Hochhaus als Solidaritätsgemeinschaft, als Ort des Rückzugs und der Lebensfreude. Der Alltag der Bewohner ist tragisch und komisch zugleich, und viele Situationen sind so absurd, dass sich der Roman als scharfsinnige politische Satire liest.
Ondjaki wurde 1977 in Luanda geboren und ist Autor zahlreicher Romane, Lyrikbände und Kinder- und Jugendbücher. Sein Werk wurde in mehrere Sprachen übersetzt und mit Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter der angesehene Jabuti-Preis und der Saramago-Preis für Die Durchsichtigen. Ondjaki lebt in Rio de Janeiro.
Moderation, Lesung und Gespräch: Luísa Costa Hölzl und Barbara Mesquita
Künstlerbeitrag: 10€ / 8€
IG – InitiativGruppe e.V., Karlstraße 48 Hinterhaus (Eingang neben Tengelmann)
www.initiativgruppe.de
Reservierung: info@lusofonia-muenchen.de
Eine Veranstaltung von LUSOFONIA e.V., gefördert vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München
Literatur aus Angola: Anthologie Angola Entdecken! und Die Durchsichtigen von Ondjaki
Montag, 26. Oktober 2015, 19:30 Uhr
IG – InitiativGruppe e.V., Karlstraße 48 Hinterhaus (Eingang neben Tengelmann)
Lesung mit Manuel Jorge Marmelo aus Portugal: Eine tausendmal wiederholte Lüge
Donnerstag, 5. November 2015, 19:30 Uhr
IG – InitiativGruppe e.V., Karlstraße 48 Hinterhaus (Eingang neben Tengelmann)
Lesung mit Eliane Brum aus Brasilien
Mittwoch, 11. November 2015, 19:30 Uhr
IG – InitiativGruppe e.V., Karlstraße 48 Hinterhaus (Eingang neben Tengelmann)
Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats der Landeshauptstadt München