Seit Lula da Silva Anfang 2023 die Präsidentschaft von Jaír Bolsonaro übernommen hat, scheint in Brasilien die Demokratie wieder gestärkt. Doch der Einfluss der extremen Rechten in Politik und Gesellschaft ist nach wie vor groß: Sie wollen demokratische Errungenschaften weiterhin begrenzen und ihre antifeministische, rassistische und die soziale Ungleichheit verschärfende Agenda der Gewalt dauerhaft institutionalisieren. Ökologische Anliegen ordnet die Rechte prinzipiell den Interessen der Wirtschaft unter. Welche Akteure stellen sich der extremen Rechten in Brasilien entgegen? Wo konnten sich demokratische Kräfte konsolidieren, welche Gesellschaftsgruppen und Errungenschaften sind dagegen weiter bedroht?

Der Vertrauensverlust in die Politik ist nicht nur in Brasilien ein Problem, er ist, wie der vernetzte Aufstieg rechter Akteure, auch international zu beobachten. Welche Parallelen zwischen Südamerikas größter Demokratie und Europa lassen sich ziehen? Und welche Rolle spielen eigentlich die vielen deutschen Unternehmen, die das mächtige Agrarbusiness Brasiliens mittragen? Was können wir voneinander lernen, um mit progressiven Lösungen gemeinsam die Demokratie zu verteidigen?

Biancka Arruda Miranda und Niklas Franzen wollen das gemeinsam mit dem Publikum erörtern.

Biancka Arruda Miranda ist Politikwissenschaftlerin, Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin sowie Vorsitzende von KoBra Kooperation Brasilien e.V., München, und von Commit e.V.

Niklas Franzen ist Journalist und Brasilien-Experte. Er lebte für mehrere Jahre in São Paulo, wo er als Korrespondent für verschiedene Zeitungen und Magazine arbeitete. Im Mai 2022 erschien sein Buch „Brasilien über alles. Bolsonaro und die rechte Revolte“ (Assoziation A, Berlin).

„Das Universum ist voll von Geheimnissen. Solange ich hier bin, ist es ein Privileg, die unendlichen Geschichten zu erforschen, die es uns bietet.“ Virgília Ferrão

Virgília Ferrão ist erst die dritte Frau in Mosambik seit der Unabhängigkeit, die Romane veröffentlicht. Gemeinsam mit weiteren mosambikanischen Autorinnen betreibt sie einen Blog und hat eine Anthologie fantastischer Geschichten zusammengestellt. Auch in ihren eigenen Büchern, darunter „O Inspector Xindximila“, „Sina de Aruanda“ und „Os Nossos Feitiços“, haben neben Einflüssen aus US-amerikanischer Populärkultur fantastische Elemente ihren Niederschlag gefunden. Außerdem taucht sie ein in die koloniale Vergangenheit ihres Landes, verhandelt das Erbe der Sklaverei und der portugiesischen Herrscherklasse. All das eingebettet in Fragen des Alltags, der Familie, der Liebe und des Aufwachsens im 21. Jahrhundert.

Im Gespräch mit dem Übersetzer Michael Kegler erzählt Virgília Ferrão von der jungen literarischen Szene Mosambiks, ihrem eigenen Werdegang und den Arbeitsbedingungen und organisatorischen Strukturen der jungen Literat*innen Mosambiks. Eine Lesung und die Einbettung ihres Werks in die lusophone Literatur runden den Abend ab.

Virgília Ferrão, geb. 1986 in Maputo, Mosambik, hat in Maputo und Melbourne Jura studiert. Ihr Debütroman “O Romeu é Xingondo e a Julieta Machangane” erschien bereits 2005. Es folgten “O Inspector de Xindzimila” (2016), “A Sina da Aruanda” (2021), für dessen unveröffentlichtes Manuskript sie als erste Frau den Prémio Literário 10 de Novembro erhielt, und “Os Nossos Feitiços” (2022). Außerdem ist sie Gründerin des Blogs Diário de Uma Qawwi und hat die Anthologie “Espíritos Quânticos. Uma Jornada por entre Histórias de África em Ficção Especulativa” herausgegeben. Auf Deutsch erschien bisher eine Glosse in „Lusophone Kolumnen. Zeitgenössische Alltagsbetrachtungen aus portugiesischsprachigen Ländern“ (dtv München 2022, hg. von Luísa Costa Hölzl, übers. von Michael Kegler). Die Autorin arbeitet als Rechtsberaterin für ein internationales Energieunternehmen.

Michael Kegler, geb. 1967 in Gießen, verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Liberia und Brasilien. Seit den Neunzigerjahren übersetzt er Literatur aus dem lusophonen Sprachraum. 2014 erhielt er den Straelener Übersetzerpreis und 2016, gemeinsam mit dem von ihm übersetzten Autor Luiz Ruffato, den Hermann Hesse-Preis der Stadt Calw. Er ist ein großer Kenner der lusophonen Literaturen und immer auf dem Laufenden über aktuelle Neuerscheinungen.

In der vom Generalkonsul und Schriftsteller João Almino begründeten Reihe ‚Große Brasilianische Autoren‘ finden sich Essays namhafter Intellektueller zu Klassikern der brasilianischen Literatur. Sie beschäftigen sich unter anderem mit der Suche nach Geselligkeit bei Machado de Assis, der wechselseitigen Inspiration von Malerei und Literatur beim Modernisten-Paar Tarsila do Amaral und Oswald de Andrade, oder auch mit Euclides da Cunhas anhand des Krieges von Canudos entwickelter Soziologie, die die brasilianische Identität im 20. Jahrhundert prägte. Luísa Costa Hölzl führt in die Reihe ein.

Die Sozialwissenschaftlerin Barbara Freitag befasst sich in ihrem Beitrag mit den Reisen deutschsprachiger Gelehrter durch das Brasilien des 19. Jahrhunderts. In ihrem vierteiligen Essay folgt sie den Spuren der Amazonasexpeditionen des österreichischen Zoologen Johann Natterer und des Mediziners Georg Heinrich von Langsdorff, sowie neben Adelbert von Chamissos „Reise um die Welt“ (1836) vor allem den bedeutenden Reisen der beiden bayerischen Naturforscher und Freunde Johann Baptist von Spix und Carl Friedrich Phillipp von Martius, die nicht zuletzt Goethes Interesse an Brasilien weckten.

Im Anschluss an diesen Spaziergang durch die literarische Vergangenheit Brasiliens stellt der Lyriker Leonardo Tonus gemeinsam mit der Übersetzerin Lilli-Hannah Hoepner seinen neuesten Gedichtband Aufzeichnungen von hoher See vor (Hagebutte Verlag, 2023). Darin ergründet er die Fluchtbewegungen unserer Zeit und die Migrationsgeschichte der eigenen Familie: Worte als Orientierungspunkte auf einer inneren Sternenkarte, Gedichte als Logbucheinträge auf einem Meer zwischen Gestern und Heute.

Der literarische Spaziergang wird musikalisch von Caiana Duo begleitet, die als Initiatoren der Roda de Choro in München bekannt geworden sind.

Durch den zweisprachigen Abend (portugiesisch/deutsch) führt Luísa Costa Hölzl.

Mit: Barbara Freitag (Sozialwissenschaftlerin), Leonardo Tonus (Lyriker) und Lilli-Hannah Hoepner (Übersetzerin).
Musik: Caiana Duo (Abdallah Harati, João Araújo)
Moderation: Luísa Costa Hölzl

Das neue Album der angolanischen Singer-Songwriterin Aline Frazão ist das Ergebnis mehrerer Wiedervereinigungen: die Wiedervereinigung mit ihrer Band; die Wiedervereinigung mit einer Sammlung von Rhythmen, die von angolanischer Massemba bis zum kapverdischen Batuku reichen, über Maracatu und Afoxé aus Brasilien; die Wiedervereinigung mit dem Songwriting und mit der nie endenden Suche nach einer Stimme, die sich durch Worte, durch Gesang, aber auch innerhalb der musikalischen Produktion als Ganzes ausdrückt.

Aline Frazão, eine der wichtigsten und internationalsten Stimmen der neuen Generation angolanischer Künstler, wuchs in Angolas Hauptstadt Luanda auf, kam mit achtzehn zum Studium nach Lissabon, lebte danach lange Zeit in Spanien und ist inzwischen wieder nach Luanda zurückgekehrt. Sie ist Sängerin, Autorin, Songwriterin und Musikproduzentin und hat vier Alben veröffentlicht: „Clave Bantu“ (2011), „Movimento“ (2013), „Insular“ (2015) und „Dentro da Chuva“ (2018). Neben ihrer bereits umfangreichen musikalischen Arbeit schreibt sie Kolumnen, Essays und Kurzgeschichten.

Mit:

Aline Frazão – Guitars, vocals
Juninho Ibituruna – Drums, percussion
Trigo Santana – Electric bass, backing vocals



Mit seiner Solokarriere steht der Multiinstrumentalist Miroca Paris von den Kapverden endlich im Zentrum der Bühne und zeigt, dass er zu den stärksten Interpreten der lusofonen Musikwelt gehört. Als Sideman berühmter Bühnenpersönlichkeiten trat der Sänger, Perkussionist und Gitarrist u.a. über viele Jahre mit der Musiklegende Cesária Évora auf und tourte mit Madonna. Mit seiner eigenen Musik bespielt er mittlerweile ebenfalls Bühnen auf vier Kontinenten. Basierend auf seinem umfassenden rhythmischen Wissen entwickelte Miroca Paris eine einzigartige Gitarrenspieltechnik: vorwärts treibend, verspielt, überraschend und frisch.

Seine raue Stimme in Kombination mit Trompete, rhythmisch-kreolischem Bass und Schlagzeug, sowie zwei Gitarren und seiner grandiosen Perkussion ergeben ein einzigartiges Konzerterlebnis, das mitreißt und uns die kreolisch-portugiesisch-afrikanische Kultur der kapverdischen Vulkaninseln live erleben lässt.

“A Sensation” – Afropop Worldwide

“Wir haben uns wieder in Rhythmus verliebt!” – El País

„Ein Meister präziser, mitreißender Grooves.“ – WOXX Magazine

“Ein Mann mit vielen Talenten, Singer-Songwriter, begnadeter Gitarrist und Perkussionist.”  – PRI the World

Miroca Paris wurde in eine legendäre Musikerfamilie der Kapverden hineingeboren. Bereits mit sieben Jahren begann er, Schlagzeug zu spielen. Von da an war klar, dass die Musik treibende Kraft in seinem Leben sein wird. Seit er neunzehn Jahre alt war, begleitete er die weltberühmte kapverdische Künstlerin Cesária Évora zehn Jahre lang auf die Bühnen der gesamten Welt. Miroca Paris‘ langjährige Musikkarriere ist geprägt von der Begleitung weiterer namhafter Künstler, u.a. Sara Tavares, Angélique Kidjo, Bonga, Mariza, seinem Onkel Tito Paris und Madonna. Der Sänger, Perkussionist und Gitarrist gehört zu der neuen Generation kapverdischer Künstler, die in Portugal ihre zweite Heimat gefunden haben.

Mehr Informationen hier: https://globalgrooves.de/miroca-paris.html

Videos:

Miroca Paris Live in Berlin – Wassermusik Black Atlantic Festival