Das neue Album der angolanischen Singer-Songwriterin Aline Frazão ist das Ergebnis mehrerer Wiedervereinigungen: die Wiedervereinigung mit ihrer Band; die Wiedervereinigung mit einer Sammlung von Rhythmen, die von angolanischer Massemba bis zum kapverdischen Batuku reichen, über Maracatu und Afoxé aus Brasilien; die Wiedervereinigung mit dem Songwriting und mit der nie endenden Suche nach einer Stimme, die sich durch Worte, durch Gesang, aber auch innerhalb der musikalischen Produktion als Ganzes ausdrückt.
Aline Frazão, eine der wichtigsten und internationalsten Stimmen der neuen Generation angolanischer Künstler, wuchs in Angolas Hauptstadt Luanda auf, kam mit achtzehn zum Studium nach Lissabon, lebte danach lange Zeit in Spanien und ist inzwischen wieder nach Luanda zurückgekehrt. Sie ist Sängerin, Autorin, Songwriterin und Musikproduzentin und hat vier Alben veröffentlicht: „Clave Bantu“ (2011), „Movimento“ (2013), „Insular“ (2015) und „Dentro da Chuva“ (2018). Neben ihrer bereits umfangreichen musikalischen Arbeit schreibt sie Kolumnen, Essays und Kurzgeschichten.
Mit:
Aline Frazão – Guitars, vocals
Juninho Ibituruna – Drums, percussion
Trigo Santana – Electric bass, backing vocals
Angola ist dem deutschen Lesepublikum ein unbekanntes Terrain. Wenige werden Luandino Vieira, Pepetela, José Eduardo Agualusa oder Ondjaki kennen, obwohl von diesen Autoren mehrere Romane auf Deutsch vorliegen. Doch von Ana Paula Tavares, Roderick Nehone oder Arnaldo Santos hat man nie etwas gehört, geschweige gelesen. Und was wissen wir von Angola, von der kulturellen und linguistischen Vielfalt dieses Landes? Was spielte die Literatur für eine Rolle während des Kolonialismus, der Unabhängigkeit 1975 und der folgenden zwei Jahrzehnten Bürgerkrieg? Welche Rolle spielt sie heute nach der demokratischen Öffnung von 2017 und der Pandemie?
Wir wollen herausfinden, wo der angolanische Literaturbetrieb steht, wie es den Autor:innen, ihrem Schaffen und ihrem Werke geht. Gibt es neue literarische Trends, neue junge Stimmen?
Über neue Bücher und Schriftsteller:innen aus Angola und die Lage des Literaturbetriebs in diesem großen westafrikanischen Landspricht der Schriftsteller, Journalist und Kommunikationsberater João Melo aus Angola mit dem Übersetzer und Literaturvermittler Michael Kegler und der Literaturdozentin und Herausgeberin Luísa Costa Hölzl.
João Melo, Schriftsteller, Journalist und Kommunikationsberater, 1955 in Luanda/Angola geboren und aufgewachsen, studierte Jura und Kommunikationswissenschaften in Portugal und Brasilien. Gründungsmitglied des angolanischen Schriftstellerverbands und der angolanischen Akademie für Literatur und Sozialwissenschaften. Als Journalist arbeitet er für mehrere Zeitungen in Angola, Portugal und Brasilien. In mehreren Ländern veröffentlichte er Gedichte, Kurzgeschichten und Essays in Anthologien, Zeitschriften, Zeitungen und Literaturblogs, so wie insgesamt 22 Bücher, zuletzt 2021 den Gedichtband Diário do Medo („Tagebuch der Angst“).
Michael Kegler, geb. 1967 in Gießen, verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Liberia und Brasilien. Seit den Neunzigerjahren übersetzt er Literatur aus dem lusofonen Sprachraum.2014 erhielt er den Straelener Übersetzerpreis und 2016, gemeinsam mit dem von ihm übersetzten Autor Luiz Ruffato, den Hermann Hesse-Preis der Stadt Calw.
Luísa Costa Hölzl, geboren 1956 in Lissabon, lebt in München, wo sie sich für die Förderung der lusofonen Kulturen und Literaturen engagiert. Herausgeberin von literarischen Anthologien, Publizistin und Dozentin für Portugiesisch in München und Salzburg.
„Das Wort erschafft die Wirklichkeit. Wer eine Geschichte erfindet, erfindet eine Welt. Es gibt keine wahre Fiktion, da uns jede Fiktion eine Wirklichkeit auferlegt.”
Diese Worte des angolanischen Schriftstellers José Eduardo Agualusa beschreiben auch seine eigene Gabe, Geschichten zu erfinden und mit diesen neue Wirklichkeiten zu erschaffen. Wer sich davon überzeugen möchte, kann dies in einer virtuellen Begegnung mit José Eduardo Agualusa tun. In einem Onlinegespräch mit seinem Übersetzer Michael Kegler unterhalten sich die beiden über Inseln, Winde und Meere, über „die Lebenden und die Anderen“ (Titel seines jüngsten Romans). Zudem bekommen wir eine von Agualusas aktuellen Kolumnen zu hören.
Der Autor wird von seinem Schreiben berichten, von Fiktionen und Wirklichkeiten, vom Schaffen und vom Alltag, von Erlebnissen und Träumen. Das lebendige Gespräch ist offen für die aktive Teilnahme all derer, die das möchten, und bringt uns so der Literatur, ihren Themen und ihrer Rolle für und zwischen uns ein Stück näher.
Lesung und Gespräch: José Eduardo Agualusa und Michael Kegler
Musikalische Begleitung: Dandara Modesto
José Eduardo Agualusa, 1960 in Huambo/Angola geboren, studierte Agrarwissenschaft und Forstwirtschaft in Lissabon. Seine Gedichte, Erzählungen und Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Eine allgemeine Theorie des Vergessens stand auf der Shortlist des Man Booker International Prize 2016. In seinem jüngsten, bisher noch nicht auf Deutsch erschienenen Roman, “Os vivos e os outros” (2020), stranden einige Autoren unfreiwillig auf einer Insel, die sie wegen eines Unwetters nicht verlassen können. Agualusa lebt als Schriftsteller und Journalist zurzeit in Mosambik.
Michael Kegler, geb. 1976 in Gießen, verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Liberia und Brasilien. Seit den 90er Jahren übersetzt er Literatur aus dem lusofonen Sprachraum.2014 erhielt er den Straelener Übersetzerpreis und 2016, gemeinsam mit dem von ihm übersetzten Luiz Ruffato, den Hermann Hesse-Preis der Stadt Calw. Er übersetzte auch die drei zuletzt auf Deutsch erschienenen Romane von Agualusa. 2021 erscheinen viele Übersetzung großer portugiesischer Autor*innen aus seiner Feder, so u.a. von Sophia de Mello Breyner Andresen, Al Berto und Ana Luísa Amaral.
Dandara Modesto, Sängerin und Musikerin, geb. 1990 in São Paulo, lebt heute in Zürich. Mit ihrem charismatischen Gesang verarbeitet sie verschiedene künstlerische Ausdrucksweisen, von der Musik über Poesie und Performance bis hin zu den bildenden Künsten. Ihr zeitgenössischer, ein “anderes” Brasilien repräsentierender Stil hat seine Wurzeln in der Música Popular Brasileira, steht in der Tradition des brasilianischen Liedguts und der beliebten afrobrasilianischen Rhythmen und bedient sich mit einem Augenzwinkern bei Jazz und Groove.
Die bei dieser Online-Veranstaltung im Rahmen des African Book Festivals zusammenkommenden Autor*innen reisen durch verschiedene literarische Universen. Ihre Romane atmen Musik, entwickeln sich entlang neuer und neuentdeckter Rhythmen, kreuzen Politik und Geschichte, Poesie und Phantasie und feiern bis vor kurzem marginalisierte Kulturen, wie beispielsweise jene magisch und humorvoll erzählte musikalische Road-Novel „Die Frauen meines Vaters“ von José Eduardo Agualusa, vor einigen Jahren dem Münchner Publikum vorgestellt. Mit seinem dritten Kurator Kalaf Epalanga rückt das African Book Festival 2021 Angola ins Augenmerk der deutschen Leserschaft.
Eine literarisch-musikalische Performance mit José Eduardo Agualusa, Kalaf Epalanga, Martha Fessehatzion, Moses Leo, Ondjaki, Telma Tvon, Toty Sa´Med und Yara Monteiro
Bühnenperformance: Martha Fessehatzion & Moses Leo
Musik: Toty Sa’Med
Das African Book Festival findet in diesem Jahr vom 16.-18. April in Berlin statt mit Ablegern in Leipzig und München. africanbookfestival.de
Bereits zum 15. Mal zeigt das Underdox Filmfestival in München sein Programm aus Dokumentation und Experiment, auch in diesem Jahr wieder mit portugiesischen Filmen.
Armour (PT/ CA 2020, 30min, engl., franz. OmeU)
Die Einstellungen zeitloser Landschaften und verschlafener Vororte dauern meist nur wenige Sekunden. Gelegentliche Inserts verknüpfen die Bilder mit der Geschichte von Hector, der allmählich die Kontrolle über sein Leben verliert. Trunken taumelt er in einer Ritterrüstung durch die Gegend von Rimouski (Québec), während er sich von der Welt entfremdet, fast wie am Vorabend des Jüngsten Gerichts.
Regisseur Sandro Aguilar (geb. 1974 in Angola, aufgewachsen in Portugal) zählt zur „shorts generation“, einer Gruppe Filmschaffender, die dem Kurzfilm neue Berechtigung verleihen.
A Dança do Cipreste (PT 2020, 37 min, port., engl. OmeU)
Ein Feld: Blumen – Gelb – Insekten. Das Gesicht einer Frau erscheint im Close-up, in die Kamera starrend, dazu Barockmusik. Mit Kohle zeichnet die Frau erotische Szenen und sexuelle Zweikämpfe auf die Steine. Szenenwechsel: Eine Meeresküste und deren demütige Bewohner: Seesterne, Seetang, Muscheln, Mollusken. Die Kunst erscheint wollüstig und um sie herum tobt das ekstatische Leben in voller Wucht. Just open your eyes! (FID Marseille)
Die Regisseur:innen Francisco Queimadela & Mariana Caló arbeiten seit ihrem Studium an der Academy of Fine Arts in Porto zusammen. Seit zehn Jahren präsentierten sie ihre Arbeiten auf internationalen Ausstellungen und Filmfestivals.