Programm

Clarice Lispector: „Wofür ich mein Leben gebe: Kolumnen“

Sonntag, 16. Juni 2024, 18 Uhr

Clarice Lispector, die bedeutendste Schriftstellerin Brasiliens, wird seit einigen Jahren weltweit wiederentdeckt. In ihren Kolumnen kommen wir ihr als Autorin und Mensch so nahe wie nie zuvor. Ob die verlorene Liebe eines Taxifahrers, die bittere Wahrheit hinter der Schönheit einer alten Freundin oder ihre eigene Familie und Kindheit – in allem entdeckt Clarice Lispector die Widersprüche und Eigenheiten des Daseins.

Der Übersetzer Luis Ruby stellt die vergnüglichsten ihrer Kolumnen vor, dazu gibt es Musik mit Pedro Aguiar an der klassischen Gitarre und kulinarische Köstlichkeiten vom Restaurant La Favela.

Clarice Lispector (1920-1977) schrieb zeit ihres Lebens für Zeitungen, unter anderem für Jornal do Brasil, das führende Presseorgan Brasiliens. Berühmt für ihre expressiven, das Innerste ihrer Figuren nach außen kehrenden Romane und Kurzgeschichten, erzählte Clarice hier in einer wöchentlichen Kolumne von ihrem eigenen Alltag. Dabei verwandelte sie persönliche Erlebnisse und Erinnerungen in berührende, häufig humorvolle kurze Episoden. Auch über ihr Schreiben reflektierte sie hier, teilte Leseerfahrungen und schlug Brücken zur brasilianischen Kunst und Musik ihrer Zeit. So entstanden durch Lispectors ureigene, so heitere wie spielerische Sicht der Welt echte Perlen der Erkenntnis.

Für den Band „Wofür ich mein Leben gebe: Kolumnen 1946-1977“ hat der Übersetzer ihrer Romane und Kurzgeschichten, Luis Ruby, die unterhaltsamsten und aufschlussreichsten Kolumnen ausgewählt und übersetzt.

Vorgestellt von Luis Ruby, gelesen von Luis Ruby und Wanda Jakob, begleitet an der klassischen Gitarre von Pedro Aguiar und köstlich versorgt durch das Team vom Restaurant La Favela im Bahnwärter Thiel, versprechen die Kolumnen einen vergnüglichen frühen Sommerabend!

Clarice Lispector wurde 1920 als Tochter jüdischer Eltern in der Ukraine geboren und wuchs im ärmlichen Nordosten Brasiliens auf. Sie studierte Jura, arbeitete als Lehrerin und Journalistin und führte als Diplomatengattin und später Alleinerziehende ein ebenso glamouröses wie rebellisches Leben. Bereits ihr erster, vielbeachteter Roman Nahe dem wilden Herzen (Perto do coração selvagem, 1944) brach mit allen konventionellen Regeln des Schreibens. Lispector starb 1977 mit nur 56 Jahren in Rio de Janeiro.

Luis Ruby, geb. 1970 in München, übersetzt aus dem Portugiesischen, Spanischen und Italienischen, neben Clarice Lispector auch Autoren wie Niccolò Ammaniti, Isaac Rosa und Hernán Ronsino. Er wurde für seine Arbeit u.a. mit dem Bayerischen Kunstförderpreis und dem Münchner Literaturstipendium ausgezeichnet.

Pedro Aguiar, geb. 1990 in Brasiliens Hauptstadt Brasília, studierte in Brasilien, den USA, Frankreich und Deutschland. Von 2013 bis 2018 lehrte er an der Hochschule für Musik und Theater München. Sein Schaffen wurde mit diversen internationalen Preisen geehrt, darunter die renommierte Alhambra Guitar Competition. Seine Debüt-CD „Brazilian Guitar Music“ erschien 2020 bei Naxos.

Eintritt: frei

Ort: Bühne des Restaurants La Favela im Bahnwärter Thiel
Tumblingerstr. 45, 80337 München
U3/U6 Poccistraße
Bus 62 Haltestelle Tumblingerstr.
Bus 132 Haltestelle Lagerhausstraße

Eine Veranstaltung von Lusofonia e.V., mit freundlicher Unterstützung von Bayern liest e.V. und dem Restaurant La Favela

Dandara Modesto & Edwin Correia: Poético Tropical (Konzert)

Donnerstag, 16. Mai 2024, 19 Uhr

Seit ihrem letzten Soloauftritt 2018 im Köşk ist viel Zeit vergangen, nun kommt die beeindruckende brasilianische Sängerin, Performerin und Musikproduzentin Dandara Modesto endlich wieder nach München. Und sie ist nicht allein: Der franko-brasilianische Gitarrist und Komponist Edwin Correia begleitet sie.

Dieser Abend wird poetisch, ausdrucksstark, tropisch!

Dandara Modesto ist eine transdisziplinär arbeitende brasilianische Künstlerin. Die Sängerin, Performerin und Musikproduzentin setzt sich mit zeitgenössischer brasilianischer Musik und ihren Wurzeln in der Tradition afro-brasilianischer Rhythmen auseinander. Im Laufe ihrer Karriere hat sie an verschiedenen Projekten in den Bereichen Musik, Tanz, Theater, bildende Kunst und Performance in Brasilien und Europa mitgewirkt. Dandara hat Soundtracks für Filme und Performances produziert, komponiert und Regie geführt, u.a. für „Movimento III_Celebration, post tsunami foams“ (Mario Lopes), „Afrotranstopia“ (Mario Lopes, David Muñoz, Mahal Pita), „Neon Bush Girl Society“ (Latefa Wirsch, Rhoda Davis).

Ihr Debütalbum „Dois Tempos de Um Lugar“ nahm sie zusammen mit Paulo Monarco auf, es erschien 2016. In ihrem Album „Estrangeira“ (2022), das sie in der Schweiz, in Portugal, Galizien und Brasilien aufnahm, singt sie vom weiblichen Körper unterwegs, von Migration, der Kraft des Andersseins und den Ahnen. Für ihre Performance „Neon Bush Girl Society“ erhielt sie den Performancepreis Schweiz. Derzeit wird in Basel das Stück „Die Schwarzen Brüder“ unter der Regie von Mbene Mwambene nach einem Roman von Lisa Tetzner gezeigt, dessen Musikalische Leitung und Komposition Dandara verantwortet. Die Künstlerin lebt in Zürich.

Mehr zu Dandara Modesto hier.

Edwin Correia, franko-brasilianischer Gitarrist und Komponist, liebt musikalische Verschränkungen und überwindet ästhetische Grenzen. Früh entdeckte er den Jazz, widmete sich der Improvisation und dem Blues. Seine brasilianische Herkunft ermöglichte ihm, tief in die Populärkultur des Bundesstaats Pernambuco einzutauchen. Das Komponieren erwuchs ganz natürlich als Ausdruck seines persönlichen Kosmos, gefärbt vom Blues, der traditionellen Musik des brasilianischen Nordostens und dem Erbe des Jazz. Sein erstes Album, „Brilhante“ (2022), nahm er im Trio mit Matyas Szandai (Kontrabass) und François Christe (Schlagzeug) auf. Auch spielte er u.a. bereits mit Dandara Modesto, Los Duendes, King Louis Swing, Tinka, 10 seconds to Lift-Off und der Sängerin La Chica.

Mehr zu Edwin Correia: http://edwincorreia.com/

Als Vorgeschmack auf das gemeinsame Konzert der beiden, hier ein Video der Kooperation von Dandara Modesto und Edwin Correia live @ Kitchen Session: https://www.youtube.com/watch?v=YPuJMtD5QEo

Einlass: 19:00 Uhr/ Beginn: 19:30 Uhr

Tickets: 13€+VVK-Gebühr (hier) / 15€ (Abendkasse)

Ort: Import Export
Schwere-Reiter-Str. 2h, 80636 München
Tram 12/17/21/22, Bus 53 Leonrodplatz

Eine Veranstaltung von Lusofonia e.V. in Kooperation mit dem Deutsch-Brasilianischen Kulturverein

„Dies ist das Morgenrot, das ich ersehnte“ – 50 Jahre Nelkenrevolution in Portugal

28. April bis 3. Mai 2024

Am 25. April 1974 wurde innerhalb eines Tages die portugiesische Regierung gestürzt, das Land stand auf. Vom Volk herbeigesehnt, fand die Revolution ihren Niederschlag auch in den Künsten. Heute ist in ganz Europa die Demokratie gefährdet, nicht zuletzt deshalb ist ein Rückblick auf die damaligen befreienden Ereignisse mehr als angebracht. Aus künstlerischen und anderen Perspektiven erinnern wir an sie und feiern ihre demokratischen Errungenschaften.

Am 25. April 1974 ertönte um 00:20 Uhr aus allen Radiogeräten das Lied „Grândola, vila morena“ von José Afonso. Es war das verabredete Zeichen der Offiziere, die sich im „Movimento das Forças Armadas“ (MFA) zusammengeschlossen hatten, um in Lissabon einzumarschieren und Ministerien, Rundfunk- und Fernsehsender, später den Flughafen und die Zentrale des Geheimdienstes PIDE zu besetzen.

Die lang herbeigesehnte Nelkenrevolution veränderte Portugal, die Menschen sahen wieder eine Perspektive: Der grausame, seit mehr als zehn Jahren andauernde Kolonialkrieg an verschiedenen Fronten wurde beendet, die Länder erlangten ihre Unabhängigkeit. Portugal wurde aus der Isolation herausgeholt. Heute ist Portugal ein verlässlicher Partner der Europäischen Union. Aber wie überall in Europa ist heute auch in Portugal, wo rechtsextreme Kräfte die demokratischen Errungenschaften der Revolution von 1974 infrage stellen, die Demokratie gefährdet.

Nicht zuletzt deshalb ist ein Rückblick auf die damaligen befreienden Ereignisse mehr als angebracht. Aus künstlerischen und anderen Perspektiven erinnern wir an sie und feiern ihre demokratischen Errungenschaften.

Programm:

Sonntag, 28. April, 18.00 Uhr, Foyer
Eröffnung der Fotoausstellung (bis 3. Mai 2024): Wandmalereien im Wandel der Zeit: 1977, 1997 und heute
Anhand von Fotografien von Wandmalereien wollen wir Schlaglichter auf die Revolution und ihr Erbe werfen. Aufnahmen von 1977, 1997 und 2024 geben der Geschichte einen künstlerischen Ausdruck der politischen Auseinandersetzung und der Meinungsvielfalt im Zeitverlauf. Einführung u.a. mit den Fotografen Hartmut Heller und Bernhard Inderst.
Eintritt frei

Hartmut Heller, geb. in Sonthofen/Allgäu. Nach einem Studium in München arbeitete Heller als Dipl. Soziologe und Schattenphotograph. Außerdem war er viele Jahre im Mieterverein München e.V. aktiv. Als Fotograf zeigte er verschiedene Ausstellungen zu Griechenland, Portugal und anderen Themen.

Donnerstag, 2. Mai, 17 Uhr, Großer Saal
Filmvorführung: Capitães de Abril (Nelken für die Freiheit) (123 Min., Omengl. UT)
Der Spielfilm aus dem Jahr 2000 unter der Regie von Maria de Medeiros basiert auf dem Militärputsch, der in der Nacht auf den 25. April 1974 in Portugal stattfand. Aufständische Truppen besetzen die Kaserne und gegen drei Uhr nachts marschieren sie in Richtung Lissabon. Der Film, eine Hommage an die jungen Soldaten, die ihr Heimatland aus dieser dunklen Zeit retteten, schildert einfühlsam und emotional den Tag, der ein ganzes Land verändern und eine neue Zeit einläuten sollte.
Eintritt frei

Donnerstag, 2. Mai, 19:30 Uhr, Großer Saal
Poesie & Musik
Zu den Klängen des Sängers und Dichters Zeca Afonso beginnt in der Nacht auf den 25. April 1974 die Revolution. Eine Revolution, die in den Worten von Lyrikerinnen und Lyrikern vorausgedacht, reflektiert und erinnert wird. Wir lesen Gedichte, die von den dunklen Zeiten der Diktatur sprechen, von der revolutionären Begeisterung und von den Träumen und Visionen, die daraus erwuchsen. Mit Gedichten u.a. von Alexandre O’Neill, Sophia de Mello Breyner, Manuel Alegre. Dazu Gitarrenarrangements u.a. von Zeca Afonso und Paulo de Carvalho.
Zweisprachige Lesung: Luísa Costa Hölzl und Wanda Jakob
An der Gitarre: João Pedro Marques
Eintritt: 8€ (Abendkasse)

João Pedro Lopes Marques, geb. 2004 in Vila do Conde/Portugal, erhielt seine Ausbildung in klassischer Gitarre in Portugal. Seit 2022 studiert er an der Hochschule für Musik und Theater München unter der Anleitung von Franz Halász. Er hat an Meisterkursen bei renommierten Musikern teilgenommen und bereits an verschiedenen Orten wie Casa da Música do Porto solistisch und in Kammermusikgruppen gespielt. Zuletzt machte er Arrangements basierend auf dem symbolträchtigen Liedgut der Nelkenrevolution, die er mit der ihm eigenen Virtuosität vortragen wird.

Freitag, 3. Mai, 19:30 Uhr, Großer Saal
Talk mit Prof. Dr. Teresa Pinheiro (Uni Chemnitz): Die Nelkenrevolution, ihre Folgen und neue Formen der Erinnerung
Die portugiesische Germanistin, Kulturwissenschaftlerin und Anthropologin nimmt uns mit auf eine lebhafte Reise durch die 50 Jahre nach der Nelkenrevolution. Im Dialog mit dem Publikum geht sie den wahren und unwahren Erinnerungen nach, gleicht diese mit Daten und Fakten ab und gibt wertvolle Aufschlüsse über den aktuellen Rechtsruck in Portugal (in deutscher Sprache).
Moderation: Dr. Rosário Costa-Schott
Musikalische Umrahmung an der Gitarre: João Pedro Marques
Eintritt: 8€ (Abendkasse)

Teresa Paula Pinheiro, geb. 1972 in Lissabon, studierte Germanistik und Lusitanistik in Lissabon und Köln und promovierte 2002 in Kulturwissenschaftlicher Anthropologie an der Universität Paderborn. Nach einer Juniorprofessur an der TU Chemnitz ist sie seit 2011 Professorin für „Kulturellen und Sozialen Wandel“ am Institut für Europäische Studien der TU Chemnitz. Gastprofessuren, Forschungsaufenthalte sowie eine beachtliche Publikationsliste u.a. zur europäischen Identität peripherer Länder wie Portugal und Spanien und zum Ende des portugiesischen Kolonialismus Portugals zeichnen sie als Expertin für die Auseinandersetzung mit dem Erbe der Nelkenrevolution aus.

Ort: EineWeltHaus, Foyer und Großer Saal
Schwanthalerstr. 80, 80336 München

Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation von Lusofonia e.V. mit dem Trägerkreis EineWeltHaus München e.V., und Migration macht Gesellschaft e.V., mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferates der Landeshauptstadt München

Multicolor – Konzert mit Lura (Kapverden)

Freitag, 22. März 2024, 20 Uhr

Lura ist eine der bedeutendsten Musikerinnen der Kapverden. Sie kombiniert rhythmischen Sound mit melancholischen Melodien und Harmonien. Ihr Album Herança feierte international Erfolge.
Mit ihrer neuen vielseitigen und feurigen Platte Multicolor kommt sie nun nach München: Angetrieben von ihrer exzellenten vierköpfigen Band (Piano, Gitarre, Bass, Drums) zeigt Lura ein furioses Live-Programm, bei dem sie das Publikum vom ersten Song an mitreißt. Luras Energie und Intensität ist beeindruckend, ihre warme Stimme voll und wandelbar. Es darf getanzt werden!

Lura – eigentlich Maria de Lurdes Assunção Pina – wurde 1975 in Lissabon geboren. Als Tochter kapverdischer Eltern war sie von Beginn an von der portugiesischen und von der kapverdischen Kultur durchdrungen, zwei Kulturen, die ihr Leben, ihre Melodien und ihren künstlerischen Weg prägen.

Luras Weg als Sängerin begann, als Juka, Sänger aus São Tomé, sie einlud, auf seinem Album mitzuwirken. Doch trotz des großen Erfolgs dieses Hits verfolgte sie zunächst weiter ihren Traum, als Sportlerin und Tänzerin professionell erfolgreich zu sein. Im Alter von 21 Jahren half ihr dann ein portugiesischer Produzent, ihr erstes Album – mit stark kommerzieller Komponente – aufzunehmen. Der Song „Nha Vida“ erschien auf der Compilation Red Hot + Lisbon (1998) der Red Hot Organization und wurde ein Hit.

2004 nahm sie Cesária Evoras Plattenfirma Lusafrica unter Vertrag, das Album Di Korpu Ku Alma erschien und wurde u.a. in Großbritannien für die BBC World Music Awards nominiert. Der angolanische Schriftsteller José Eduardo Agualusa bemerkte: „Die Zukunft der kapverdischen Musik hat einen Namen: Lura.“

Ihr nächstes Album, M‘bem di Fora, wurde beim französischen Musikpreis „Victoires de la Musique“ in der Kategorie Bestes Album nominiert. Daraufhin ging Lura auf Welttournee. Drei Jahre später erschien das Album Eclipse und 2010 The Best of Lura, das den Hit „Moda Bô“ enthält – ein Lied, das sie zu Ehren Cesária Évoras geschrieben hatte und in dem diese selbst noch mitwirkte.

2015 beschloss Lura, in die Hauptstadt der Kapverden, Praia, zu ziehen, um die kapverdische Wirklichkeit zu erleben. Im selben Jahr nahm sie das international erfolgreiche Album Herança auf. 2016 bekam sie eine Tochter, 2018 kehrte sie in ihre Heimatstadt Lissabon zurück.

2021 begann Lura mit der Aufzeichnung ihres neuen Albums Multicolor, das im September 2023 erschienen ist. In den Songs verhandelt und interpretiert sie Themen wie die Lage der Frau, Selbstbewusstsein und Toleranz.

Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr

Eintritt: VVK € 30 zzgl. Gebühren (Tickets)

Ort: Muffatwerk, Ampere
Zellstr. 4, 81667 München

Präsentiert von Lusofonia e.V.

„Der Kartograf des Vergessens“ – Ein Abend mit Mia Couto

Mittwoch, 13. März 2024, 19 Uhr

Mia Couto aus Mosambik ist einer der herausragenden Schriftsteller des portugiesischsprachigen Afrika. In seinem aktuellen Roman lässt Mia Couto den Dichter Diogo Santiago zurückkehren in seinen Geburtsort Beira. Alle verehren ihn dort – doch als er Einsicht in alte Akten der Geheimpolizei erhält, gerät seine Welt ins Wanken. Der Kartograf des Vergessens (Unionsverlag, 2023) ist ein postkoloniales Meisterwerk.

Ein Roman aus Mosambik, der Zeitgeschichte und persönliche Schicksale in eindringlicher Form verwebt: „ein poetisches Feuerwerk aus leuchtenden Bildern, das lange vor Augen bleibt.“ (Lire)

Der anerkannte Dichter Diogo Santiago kehrt in seine Heimatstadt Beira zurück. Er entstammt einer Familie, die vor der Unabhängigkeit Mosambiks der dominierenden weißen Minderheit angehörte. Während Zyklon Idai bedrohlich über Beira aufzieht, erhält Diogo von Liana Campos, Enkelin eines Geheimpolizisten, unverhofft Einblick in geheime Akten (Tagebücher, Verhörprotokolle und Polizeiakten), die seine Familiengeschichte ins Wanken geraten lassen.

Anfang der Siebzigerjahre, zu Zeiten des Befreiungskampfs Mosambiks gegen die portugiesischen Kolonialtruppen, verübten das portugiesische Militär und der Geheimdienst PIDE grausame Massaker an der Bevölkerung im Landesinneren. So auch im Dorf Inhaminga, wo 1973 über 3000 Menschen ermordet wurden. Diogos Vater Adriano, ebenfalls Dichter, versuchte damals, dieses Verbrechen heimlich zu dokumentieren, landete jedoch im Gefängnis, wurde gefoltert und starb. Nach und nach enthüllen die Akten die Verwicklungen von Diogos Familie und deren Nachbarn in das Massaker: War Adrianos Cousin, der eines Tages plötzlich verschwand, gar nicht der, für den ihn alle hielten? Was hatte der Bruder von Diogos Kinderfreund Benedito, der als Hausboy bei den Santiagos lebte, mit den grausamen Geschehnissen zu tun? Und wie war all das mit der tragischen Legende von der Tochter des Nachbarn verknüpft, die einen Schwarzen liebte, was nicht sein durfte?

Im Versuch, die Geschichte des Landes und seine eigene zu kartografieren, stößt Diogo auf Widersprüche und vielfältige Versionen. Gemeinsam mit Liana, mit der sich Diogo auf rätselhafte Weise verbunden fühlt, geht er auf die Suche nach Antworten.

Mit Der Kartograf des Vergessens (Unionsverlag, 2023, übersetzt von Karin von Schweder-Schreiner) gelingt Mia Couto erneut ein Meisterwerk. Die poetische Sprache spiegelt die nicht rational zu erklärende, magische Ebene eines jeden Lebens. Alle Figuren sind wichtig, nichts ist nebensächlich. Aus den Ereignissen von vor vierzig Jahren ergeben sich Abwesenheiten und die heutigen Lebensentwürfe in einem vom Klimawandel gebeutelten Land. Ein Roman, der uns über persönliche Erzählungen und in feinster literarischer Prosa – auch in der Übersetzung – Zeitgeschichte nahebringt.

Mit: Mia Couto
Moderation: Cornelia Zetzsche
Lesung: Thomas Lettow (Residenztheater)
Dolmetscherin: Barbara Mesquita
Zweisprachige Veranstaltung (Deutsch und Portugiesisch)

Beginn: 19 Uhr, Foyer-Bar geöffnet ab 18 Uhr

Eintritt: EURO 15.- / 10.-
(Tickets gibt es unter Reservix oder unter 0761-88849999)

Ort: Literaturhaus, Foyer
Salvatorplatz 1, 80333 München

Eine Veranstaltung der Stiftung Literaturhaus in Kooperation mit Lusofonia e.V.